Montag, 17.2.2025 • -2° C, bewölkt, Schneefall, Nebel, windstill
GPS Position um 12 Uhr: 65°06.5’S / 064°02.3’W
Zurück in der Kabine um 5:30 Uhr beschließe ich hundemüde noch ein Nickerchen zu machen. Ich schlafe noch eine Stunde bis zum täglichen Morgenwecker des Expeditionsleiters Adam. „Good morning, good morning, good morning!“ schallt es um 7:15 Uhr aus den Lautsprechern. Relativ zeitgleich beschließe ich, die Aktivität am Vormittag, einen weiteren Landgang, sausen zu lassen und dafür richtig auszuschlafen und einen entspannten Vormittag einzulegen. Ich schleppe mich zum Frühstück, packe ein paar Brote für Michelle ein, die es gar nicht aus dem Bett geschafft hat. Um etwa 8 Uhr erreichen wir den Lemaire-Kanal, eine Meerenge zwischen Festland und vorgelagerter Insel. Ich wecke Michelle, denn das darf sie nicht versäumen. Wir schnappen unsere Kameras und eilen in die Lounge und weiter an Deck. Das Schiff schiebt sich durch die 6 km lange und 600 m breite Meerenge, die von Eisbergen in blau und weiß, in allen Formen und Größen gesäumt ist. Die Decks sind gefüllt mit staunenden Passagieren und klickenden Kameras. Großartig! Das Schiff wirft in Pleneau Island, einer unglaublich malerischen Bucht, Anker aus und ich beschließe, die Vormittags-Aktivität sicher nicht sauen zu lassen. Das kann man sich doch nicht entgehen lassen! Und so stehe ich um 9:30 fertig eingepackt in meine Schichten inklusive Rettungsweste beim Zodiac-Boarding. Die Landschaft ist in Nebel gehüllt, was alles noch etwas märchenhafter macht. Am Steg begrüßen uns ein paar Eselspinguine. Eine unendliche Ruhe liegt über der Bucht. Ich wandere den Hügel hinauf und ein 360° Panorama offenbart sich mir. Ich stehe nur da und schaue, staune, genieße. Sauge alles in mich auf. Gibt es noch einen friedlicheren Platz als diesen Ort hier? Gelegentlich marschiert ein anderer Passagier an mir vorbei, genauso verzaubert von diesem Ort wie ich. Nach einer ganzen Weile gehe ich weiter und treffe wieder auf weitere Passagiere … und Eselspinguine. Ich unterhalte mich mit unseren Guides, die mich auf ein Nest mit kleinen Pinguinen aufmerksam machen. Da wärmt ein Elternteil die noch ganz kleinen Küken unter dem Federkleid auf. Entzückend! Viel zu schnell sind die Stunden wieder verflogen. Es ist Zeit, zum Steg zurückzukehren. Ich gehe als letzte, noch hinter dem Guide, weil ich mich einfach nicht von diesem harmonischen Ort losreißen kann. Der Weg führt vorbei an Pinguinen, die uns neugierig betrachten und für weitere Fotos posen. Dann bringt uns das Zodiac wieder zurück zum Schiff. Geht es noch besser?
Ja, es geht noch besser! Das ultimative Erlebnis erwartet uns am Nachmittag. Wir lassen das Bergwandern, für das wir eigentlich am Nachmittag registriert gewesen wären, aufgrund unserer Müdigkeit sausen. Außerdem liegen die Berge rundherum im Nebel, was uns noch weniger zu einem anstrengenden Aufstieg motiviert. Stattdessen nehmen wir an einer Zodiac-Cruise bei Hoovgaard Island teil – mehrere Zodiacs mit je 10 Leuten und ein Bootsführer. Wir werden kurz gebrieft über das Verhalten am Boot und für den Fall, dass jemand über Bord gehen sollte. Es scheint, als gebe es für alles einen Plan hier. Wir fahren nur ein Stück weg vom Schiff – „There was a whale!“, schauen wir, ob er noch in der Nähe ist. Es dauert nich lange, hören wir auch schon sein Ausblasen. Kurz darauf taucht der Rücken eines Buckelwals in etwas Abstand zu uns auf! Unglaublich! Das Gefühl, das vom Boot aus zu beobachten, ist unbeschreiblich. Der Wal taucht unter, etwas weiter wieder auf. Es ist ihm offenbar nach Gesellschaft, denn er spielt mit uns. Der Wal hält sich immer in unserer Umgebung auf und wir verfolgen ihn, bis er auf einmal wieder an einer anderen Stelle auftaucht. Plötzlich dreht der Wal und nimmt Kurs auf uns. Er gleitet unter der Wasseroberfläche auf uns zu, dreht sich, streckt eine Brustflosse nach oben, dreht sich wieder, schaut mit dem Kopf ein Stück aus dem Wasser, taucht wieder ein und unter unserem Zodiac durch. Wir sind begeistert, können es nicht glauben, dass wir das gerade erleben durften! Der Buckelwal bleibt nahe bei uns und dreht sich wieder, streckt den Kopf nochmal aus dem Wasser, dreht sich, zeigt die Brustflosse und verschwindet, um kurz darauf wieder aufzutauchen, und mit dem zweiten Zodiac zu spielen. Dort taucht er ganz knapp vor dem Boot wieder ins Wasser ein. Auf einmal taucht ein zweiter Buckelwal auf, und da, ein dritter! Eine Weile noch halten sich die drei Wale in unserer Umgebung auf, und zeigen, wie majestätisch sie sind. Dann ziehen wir weiter in unserem Zodiac und fahren durch einen Eisberg-Friedhof (oder Eisberg-Garten, wie die Guides sie lieber nennen). Ein Eisberg befindet sich zu 90 % unter Wasser und treibt im Meer herum. Wenn sie in zu seichte Buchten kommen, kann sein, dass sie am Boden hängen bleiben und dort gefangen sind, bis sie auseinanderbrechen oder schmelzen. Wir fahren mit unserem Zodiac vorbei an wunderschönen Eisskulpturen in allen Größen und Formen. Eine unglaubliche Szenerie.
Alle Guides, die gerade mit Zodiacs am Wasser sind, sind mit Funkgeräten verbunden, um sich abstimmen zu können. Ein Grinsen macht sich breit im Gesicht von Koen, als die Kollegin die Sichtung eines Seeleoparden unweit unseres Standortes meldet. Wir fahren ein paar Eisberge weiter und werden von dem imposanten Tier begrüßt. Faul liegt es auf einem Felsen und beobachtet seine Besucher. Manchmal hebt es den Kopf, weiters lässt es sich aber von uns nicht stören. Seeleoparden sind eine der wenigen Raubtiere in der Antarktis. Sie ernähren sich von Pinguinen und es kann sogar sein, dass sie manchmal auch Menschen angreifen. Entsprechend ehrfürchtig betrachten wir ihn. Wir haben wirklich Glück, das ist die erste Sichtung eines Seeleoparden in dieser Saison! Nach 3 Stunden im Zodiac sind wir nass und durchgefroren aber überglücklich über die Begegnungen des heutigen Nachmittages und kehren zum Schiff zurück. Pinguine begleiten uns am Weg, schwimmen an uns vorbei, tauchen flink unter um im nächsten Moment auch gleich wieder aufzutauchen. Ach, wie süß sie sind!
Zurück am Schiff gibt es wie jeden Tag in der Lounge um 18:30 ein Recap, wo ergänzende Informationen zu den heutigen Erlebnissen gegeben werden und der Zeitplan für den nächsten Tag besprochen wird. Zum Abendessen um 19 Uhr bestellen sich Michelle und ich zur Feier dieses unglaublich schönen Tages eine Flasche Wein, die wir anschließend in der Lounge leeren, immer mit einem Blick auf die großen Fenster nach außen. Mit einem Lächeln nehmen wir wahr, wenn in der Ferne ein Wal auftaucht, eine Robbe auf einer Eisscholle an uns vorbeizieht oder Pinguine im kalten Wasser übermütig herumspringen. Es scheint, als seien schon Ewigkeiten vergangen, als wir noch komplett aus dem Häuschen unseren ersten Eisberg entdeckten.
Video von Guide Koen
OMG wie schön ist das denn!!! MEGA!!!
OIDA
Großartig, in Wort und Bild. Wir sind so beeindruckt und freuen uns, dass sich dein Traum erfüllt! LG, Christine und Herbert
Einfach unglaublich schön, beeindruckend … Bilder und Worte!
My pleasure